In der Antike versammelten Mythen das Wissen um die griechisch-römische Götterwelt. Zunächst wurden diese Einblicke in das göttliche Wirken auf dem Olymp bzw. in der Unterwelt sowie auf Erden mündlich überliefert, dann aber für die spätere Generation schriftlich tradiert sowie in einem weiteren Verdichtungsschritt bildlich auf die wesentlichste Botschaft und Idee reduziert. Die Funktion von Mythen lag darin, dass sie als ein Erklärungs- und Ausdrucksmittel der Abläufe der Welt, der Genese religiöser Traditionen sowie der persönlichen Geschichte dienten.
Der Europamythos war eine Glücksmetapher. Die Bilddarstellung war auf die Meerfahrt konzentriert und hielt meist den Moment der Auserwähltheit fest, also den Moment, in dem ein Unsterblicher (in diesem Fall der Göttervater Zeus höchstpersönlich) in den Verlauf des irdischen Lebens eines Sterblichen eingreift und es unwiderruflich verändert.
Ähnlich wie die bei anderen Auserwählten (Danae, Kallisto, Io, Leda, Leto oder Semele) bezeugte die Auserwähltheit ebenfalls die Fruchtbarkeit. Ihre leibliche Fruchtbarkeit stellte Europa als Mutter dreier „sceptergeschmückter" Söhne (Minos, Radamanthys , Sarpedon) unter Beweis. So erstaunt es nicht, dass sie in manchen antiken Kulturen als Vegetationsgottheit verehrt wurde.
Jedoch nimmt nur der Europamythos ein glückliches Ende, indem Aphrodite Europa durch eine Verheißung zur Namenspatronin für einen ganzen Kontinent machte. Jedoch blieb bis Herodot der Name Europa auf die Peloponnes beschränkt, erst er dehnte ihren Namen auf alle bekannten Gebiete nördlich des Mittelmeeres und westlich des Schwarzen Meeres aus.
Die älteste literarische Referenz auf Europa ist in der Ilias von Homer zu finden, wo sie die Tochter des Phoinix ist. Antike Erzählungen des Europa-Mythos finden sich in der „Europa“ des Moschos und in den „Metamorphosen“ des Ovid. Es gibt viele verschiedene Sagen von der Entführung Europas, wobei die Version des Mythos in Ovids Metamorphosen die weiteste Verbreitung fand.
Die ältesten entdeckten Vasenmalereien, welche eindeutig Europa abbilden, stammen bereits aus dem 7. Jh. v. Chr. Spätere bildliche Darstellungen folgen der Beschreibung Ovids und zeigen Europa, wie sie vom Zeus-Stier entführt wird. Sie ist meist nur leicht bekleidet oder ganz nackt, sitzt auf dem Rücken des weißen Stieres, hält sich an ihm fest und zeigt dabei keine Zeichen von Furcht. Ihre Darstellung war ein beliebtes Motiv auf Alltagsgegenständen wie Münzen, Vasen, Öllampen, Schmuckstücken, für Terrakottafiguren, etc..
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