Die kulturelle entwicklung europas

Die Griechische Philosophie befasste sich mit der Realität unserer Erde und fragte nach dem Was, Wie und Warum. Auf dem Gedankengebäude griechischer Philosophen konnte das Imperium Romanum mit seiner kulturellen Vielfalt und integrativen Wirkung entstehen. Klare und praktikable Rechtsverhältnisse wurden zur Grundlage für die Entwicklung von Kultur, Wissenschaft und Handel. Die funktionierenden Bildungsinfrastrukturen wurden nach dem Ende des römischen Reichs durch das Christentum weiter getragen.

 

Im Gegensatz zu den Griechen gab es bei den Römern so etwas wie eine Europa-Ideologie nicht. Das römische Imperium umfasste ja auch große Gebiete in Afrika und Asien. Das Imperium Romanum beruhte nicht auf der Idee eines politisch geeinten Europas. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl gab es allerdings aufgrund des Imperiums und der Idee der Roma Aeterna.

 

Die Idee des römisches Kaisertums sollte aber für die Geschichte Europas bis in die Neuzeit bedeutend werden. Vorbereitet durch Caesar begann mit seinem Adoptivsohn Augustus das Kaisertum, welches nach dem Untergang des weströmischen Reiches 476 n. Chr. im Mittelalter durch Karl den Großen erneuert und erst mit dem Habsburgerkaiser Franz II. 1806 endetet und weite Teile Europas zu einer politischen und kulturellen Einheit vereinte. Der letzte russische Zar Nikolaus II sah sich als letzter Nachfolger der oströmischen Kaiser.

  • Orosius, Historia adversus paganos (Theologe und Historiker des 5. Jhdts): Der Beginn des Prinzipats mit Beendigung der Bürgerkriege, der Schließung der Tore des Janustempels und Annahme des Titels Augustus am 6. Jänner 28 v. Chr.
  • Die Zeitrechnung ab urbe condita war in der Antike nicht sehr verbreitet, man gab meistens die Jahre durch Nennung der jeweiligen Konsuln an. Erst seit Orosius setzt sich a.u.c. durch. Ab dem 10. Jhdt. setzt sich die Zeitrechnung nach der Geburt Christi durch. Mussolini wollte das alte Imperium Romanum wieder auferstehen lassen und ließ eine neue Zeitrechnung A.F.R. (a fascibus restitutis, fasces=Rutenbündel, Zeichen der römischen Amtsgewalt) mit der Machtübernahme der Faschisten 1922 einführen.
  • Der Titel Kaiser und Zar leiten sich von Caesar her. Caesar vererbte sein Cognomen an seinen Adoptivsohn Oktavian, den späteren Augustus. Auch Tiberius und Caligula trugen den Namen. Mit Claudius wurde das Cognomen endgültig zum Herrschertitel. Der Titel Imperator, den Augustus als siegreicher Feldherr trug, und Augustus (=der Erhabene) bildeten zusammen mit Caesar die lateinische Bezeichnungen für den Kaiser.

 

In die Zeit des Augustus fiel auch die Geburt Christi. Das Christentum wurde zwar lange verboten, konnte sich aber im römischen Reich in den ersten Jahrhunderten weit verbreiten. Kaiser Konstantin erkannte als erster römischer Kaiser die christliche Religion an:

  • L. Caecilius Firmianus Lactantius, de mortibus persecutorum: Mailänder Toleranzedikt (eigentlich Mandat von Nikomedien): um 250 in Afrika geboren, nach 314 gestorben. Von Kaiser Diokletian als Professor der Rhetorik nach Nicomedia (Bithynien) berufen. Entging den Christenverfolgungen, musste aber die Lehrtätigkeit aufgeben. Wurde als alter Mann von Kaiser Konstantin d. Gr. als Lehrer seines Sohnes Crispus nach Trier berufen. Im Frühjahr 313 waren die beiden Hauptkaiser (Augusti) Licinius und Konstantin in Mailand zusammengetroffen. Als ein Ergebnis ihrer politischen Besprechungen ließ dann Licinius am 13. 6. 313 in Nicomedia, der Hauptstadt des Ostens, eine Note (mandatum) an den Chef der Staatskanzlei in der Provinz Bithynien ergehen. Die Bezeichnung „Mailänder Edikt" ist aus zwei Gründen unzutreffend: dieser Erlass wurde zwar sicherlich in Mailand beschlossen, aber in Nicomedia veröffentlicht, und weiters sind edicta in der Systematik der klassischen römischen Juristen generelle Anordnungen an die Allgemeinheit, während generelle Anordnungen für Beamte ‑ wie in diesem Fall ‑ als mandata bezeichnet wurden.
  • Jacobus de Voragine (um 1230–1298), Legenda Aurea: Taufe Konstantins
  • Die konstantinische Schenkung: Als Konstantin seinen Regierungssitz nach Konstantinopel verlegt, soll er dem Papst und er Kirche seinen Palast (den Lateranspalast) und die Herrschaft über die westlichen Gebiete des Reiches überlassen haben. Als Zeichen der Macht erhielt Silvester eine Art Krone, die Tiara, mit der bis ins 20. Jhdt. die Päpste gekrönt wurden. Diese konstantinische Schenkung spielte im Mittelalter eine wesentliche Rolle im Machtstreit zwischen Päpsten (sahen sich als rechtmäßige Herren über das Reich) und Kaisern (sahen sich als Schutzherren der Kirche und Stellvertreter Gottes auf Erden und weltliche Oberhäupter der Kirch und so dem Papst gleichgestellt). Im 15. Jhdt. wurde die Schenkung als Fälschung entlarvt.

 

Das Christentum wurde, neben der griechischen und römischen Antike, zur Wurzel der europäischen Identität. Besondere Bedeutung hatten dabei die Klöster, die im Mittelalter zu Bewahrern der Kultur wurden. Benedikt von Nursia (480 – 547) gilt als Begründer des europäischen Mönchtums. Die Regula Benedicti ist bis heute Grundlage des Benediktinerordens.

  • Regula Benedicti 48, 1-8: Arbeit, Gebet und Lektüre der Hl. Schrift nach dem Vorbild der Apostel
  • Papst Paulus VI, Pacis nuntius (1964): Benedikt wird zum Patron Europas erklärt: Durch Kreuz (christliche Lehre), Buch (Bildung), Pflug (Landwirtschaft) brachte er Europa eine einheitliche Kultur, die in den Wirren der Völkerwanderung nach dem Ende des weströmischen Reiches unterzugehen drohte.
  • Die septem artes liberales waren in der Antike die Wissensgebiete, die der freie Mann studiert haben sollte (Trivium: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie; cf. M. Terentius Varro (116-27 v. Chr., Disciplinae; Zahl 7 erst in der Spätantike)
  • Das Klosterwesen: Klöster bildeten die geistigen und kulturellen Zentren der Gesellschaft, betrieben Schulen und auch Landwirtschaft und Krankenpflege.
  • Gründung des Klosters Monte Cassino 529 n. Chr. = Schließung der platonischen Akademie in Athen: Übergang der Funktion der Bewahrung und Weitergabe von Wissen und Kultur auf christliche Einrichtungen, Ende der Antike

Im frühen Mittelalter entsprach Europa der Christianitas unter der Führungsorganisation des Papstes und der katholischen Kirche.